„Die Musik zieht die Menschen in unsere Kirche. “

Dinslaken. Mehr als eine Woche war der Präses der kongolesischen CEBIE-Kirche, Pfarrer Ibana Louis Mambembe, im Rahmen seines Partnerschaftsbesuches zu Gast im Ev. Kirchenkreis Dinslaken. Im Doppel-Interview gaben er und Superintendent David Bongartz Einblick in die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Kirchen. Für Pfarrer Mambembe, der im vergangenen Jahr in sein Amt gewählt wurde, ist dies die erste Reise ins Ausland.

Frage: Nachdem Sie Einblicke in das Leben hier erlangen konnten, was sind die Unterschiede zur Kirche im Kongo?

Mambembe: Wir im Kongo nehmen uns viel mehr Zeit im Gottesdienst, um zu beten. Zudem werden unsere Lieder mit Tanz begleitet. In Deutschland ist alles schneller. Bei uns ist der Sonntag ein Tag, an dem man das Gebet in den Mittelpunkt stellt. Die Menschen gehen von 9.30 bis 12.30 Uhr in die Kirche. Im Vergleich zum Gottesdienst in Deutschland ist bei uns viel mehr Bewegung. Auch die Predigten sind bei uns ganz frei. Sie sind sehr spontan und befassen sich mit den aktuellen Umständen. Aber es gibt natürlich auch vieles, was gleich ist, wie beispielsweise die Fürbitten.
David Bongartz: Bei uns sind die biblischen Texte für die  Predigten tatsächlich vorgegeben. So ist sichergestellt, dass wir über alle biblischen Bücher predigen und nicht nur über die jeweiligen Lieblingsthemen. Wobei wir natürlich abweichen können, wenn es aktuelle Umstände erfordern.

Frage: Gibt es Unterschiede, wie die Menschen vor Ort ihren Glauben leben?

Mambembe: Ja, hier in Deutschland gibt es beispielsweise Gemeindehäuser, in denen sich die Gläubigen nach dem Gottesdienst treffen können. Das gibt es bei uns nicht. Wenn der Gottesdienst beendet ist, geht jeder seines Weges.

Frage: Treffen sich die Gemeindemitglieder denn trotzdem außerhalb der Kirche für gemeinsame Aktivitäten?

Mambembe: Wir treffen uns auch innerhalb der Woche, um zu beten – jeweils montags und mittwochs. Am Donnerstag beten die Frauen zusammen. Und die Jugendlichen kommen jeden Samstag zusammen. Wie ist es denn in Deutschland?
David Bongartz: Hier gibt es mehr Gruppen drumherum: Menschen, die ihren Glauben beispielsweise im Bibelkreis, im Hauskreis etc. leben. Außerdem gibt es viele Musikgruppen, wie Chöre und Orchester. Zudem treffen sich die Gläubigen, um kulturelles Leben und Hobbys zu teilen. Es gibt auch Gruppen, die sich als ein offener Treff sehen. Jeder/Jede kann kommen und gehen, wann er/sie möchte. Meine Vorstellung ist, dass Kirche ein heiliger Ort ist, aber gleichzeitig auch für die Menschen ein zweites Wohnzimmer, dass die Menschen die Kirche als ihre Heimat begreifen.
Mambembe: Natürlich gibt es auch bei uns Chöre.  Meist drei bis vier pro Gemeinde. Sie kommen schon singend und tanzend zum Gottesdienst. Und alle Chöre treten jeden Gottesdienst auf. Das dauert. In Deutschland gibt es nicht viele Menschen in der Kirche. Aber bei uns ist es voll. Wenn jemand durch eine Predigt berührt ist, kann es sein, dass er aufsteht und „Halleluja“ ruft. Auch wenn wir singen, stehen die Menschen auf, tanzen und loben Gott. Oft ist es so voll, dass die Gläubigen an den Wänden stehen. Die Musik zieht die Menschen in unsere Kirche.

Frage: Was raten Sie aus ihrer Kirche zu übernehmen bzw. was würden Sie gerne übernehmen?

Mambembe: Die Dynamik unserer Gottesdienste. Wir sind mit dem ganzen Körper dabei. Wir nehmen uns mehr Zeit zu beten. Aber uns fehlen Orte, wie die Jugendhäuser hier, wo wir die Jugend, die sich sehr engagiert, besser betreuen können.
David Bongartz: Bei den Besuchen unserer Einrichtungen der Diakonie und der Kinderwelt haben sie, Pfarrer Mambembe, gesagt, dass solche Angebote wie beispielsweise für Suchtkranke, ehemalige Inhaftierte etc. fehlen. Das wäre ein Bespiel, wo vor Ort noch etwas getan werden könnte. Wir dagegen können uns das uneingeschränkte Gottvertrauen abschauen. Denn wir stehen vor einem riesigen Transformationsprozess. Keiner weiß, wie die Kirche in 20 Jahren aussieht. Glauben können wir auf vielfältige Weise, an ganz verschiedenen Orten. Das dürfen wir nicht vergessen.

Frage: Welche Bedeutung hat die Partnerschaft für beide Seiten?

Mambembe: Für uns hat die Partnerschaft eine sehr große Bedeutung, weil es ein geschwisterliches Zeichen ist. Die Partnerschaft gibt uns die Möglichkeit, Medikamente zu kaufen. Frauen lernen selbstständig Kleidung herzustellen und zu verkaufen. Sie hat uns ermöglicht, Menschen studieren zu lassen. Die Liste mit Dingen, die ich nennen könnte, ist sehr lang. Wir konnten sogar andere baptistische Gemeinden unterstützen. Ich vergleiche diese Partnerschaft gerne mit einem 1983 gesäten Senfkorn. Und nun trägt diese Partnerschaft viele Früchte.
David Bongartz: Das ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe, wo beide Seiten profitieren. Wir lernen voneinander, wir leben Glauben miteinander. Und ich glaube, dass es für jede christliche Gemeinschaft wichtig ist, über den eigenen Kreis hinauszuschauen.

Infos: Die Partnerschaft zwischen der CEBIE-Kirche aus dem Kongo und der Ev. Kirchengemeinde Walsum-Aldenrade besteht schon seit 40 Jahren. Im Laufe der Jahre haben sich mit Walsum-Vierlinden, Hünxe, Hiesfeld und Götterswickerhamm vier weitere Gemeinden im Kirchenkreis Dinslaken der Partnerschaft angeschlossen. Regelmäßige Gottesdienste, ein reger Austausch und finanzielle Hilfen werden von einem Partnerschaftsausschuss begleitet. Die Frauen- und Jugendarbeit, medizinische Hilfe und die Ausbildung im Kongo werden von den Gemeinden und dem Kirchenkreis unterstützt.

 

Foto: Präses Ibana Loius Mambembe; Alethea Mushila, Mitglied der CEBIE-Kirche und Superintendent David Bongartz